Sie hatten vorhin bereits das Thema Eingabegeräte erwähnt. Sind denn Tendenzen erkennbar, dass nach Microsoft auch andere Hersteller in Sachen Hardware für Menschen mit Behinderung nachziehen?
Jagnow: Ich würde sagen, diese Tendenzen gibt es schon immer. Die Herausforderung der Eingabegeräte haben wir ja nicht nur im Spielbetrieb, sondern auch im Beruf. Sie müssen ja auch motorisch beeinträchtigten Menschen ermöglichen, Bildschirmarbeit zu erledigen. Das sind letztendlich die gleichen Technologien, die auch für den E-Sport relevant sind. Unabhängig davon, welches Programm auf dem PC läuft, geht es ja um die Eingaben. Wir haben also schon ganz, ganz viele Angebote. Die USB-Anschlüsse zum Beispiel, die als universelle Schnittstelle gehandhabt werden und viele individuelle technische Lösungen erlauben. Diese Eingabegeräte sind natürlich – je nachdem für welche Beeinträchtigung – in ganz kleinen Stückzahlen produziert worden, weil Behinderungen höchst individuell sind und die Geräte speziell angepasst werden müssen. Das ist der Knackpunkt. Wir müssen eine Aufmerksamkeit dafür schaffen, dass es bereits viele technische Lösungen gibt und dass Menschen diese auch zum Spielen oder im E-Sport-Bereich nutzen können. Es ist eher eine soziale Frage, denn eine technische Frage. Die Tendenzen sind da, wir müssen ihnen nur Raum geben und ihnen Sichtbarkeit verschaffen.
Bis jetzt haben sich viele Menschen eher selbst geholfen, weil es eben keine standardisierte, kommerziell produzierte Lösung für ihre Bedürfnisse gab. Hat sich das mit dem Engagement von Microsoft geändert?
Jagnow: Die großen Hersteller sehen jetzt auch, welche unmittelbare, gesellschaftliche Verantwortung sie tragen und nehmen diese gesellschaftliche Verantwortung zunehmend auch wahr. Das muss sowieso der Anspruch einer digitalen Sportbewegung sein – dass dort, wo Möglichkeiten im Hardwarebereich sind, diese auch wahrgenommen und vorangetrieben werden, gegebenenfalls über kommerzielles Interesse hinaus.
Was wären denn die Wünsche des ESBD, was die Zukunft des E-Sports angeht?
Jagnow: Man muss hier sagen, dass Deutschland ein starker Ausrichterstandort ist und das seit gut 20 Jahren. Wir hängen vor allem in der athletischen Leistung hinterher. Und hier kommen wir als Verband ins Spiel. Es geht um die Professionalisierung der Strukturen. Also darum, überhaupt eine Strukturierung zu schaffen. Es geht darum, einen starken Breitensportbereich zu haben. Also den vielen Amateuren die Möglichkeit zu geben, sich selbst zu entwickeln, besser zu werden im Spiel, aber auch ihre Persönlichkeiten zu einem athletischen Profil zu entwickeln. Damit stärken wir auch den Profibereich, der von jungen, gut ausgebildeten Nachwuchsspielern profitieren kann. Um das alles zu ermöglichen, braucht es gute gesetzliche Rahmenbedingungen. Es braucht die Gemeinnützigkeit für Vereine mit E-Sport-Angebot beziehungsweise reine E-Sport-Vereine. Wir brauchen auch als Ausrichterstandort eine Erweiterung der schon geltenden Visa-Bestimmungen. Bis jetzt ist es so, dass man 90 Tage im Jahr unter dem Sportstatus einreisen kann. Das ist schon eine erste gesetzliche Entscheidung in Richtung Sport. Damit man aber auch darüber hinaus für langfristige Verpflichtungen Athlet*innen oder auch Trainer*innen engagieren oder sogar größere Ligen aufbauen kann, braucht es die Privilegierung als Sportstatus allgemein.