Während das EDF sich generell für Menschen mit ganz unterschiedlichen Behinderungen einsetzt, sind Inclusion Europe und Inclusion International die internationalen Verbände, die sich vor allem für die Belange von Menschen mit Lernschwierigkeiten (sogenannte "geistige Behinderungen") engagieren und sie darin bestärken, für ihre Rechte zu kämpfen. Maureen Piggot weiß aus jahrelanger Erfahrung, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten immer wieder über vor allem eine große Herausforderung berichten: die Einstellung ihnen gegenüber, der sie in der Gesellschaft begegnen. ,"Zunächst gibt es die Einstellung: 'Das kann es doch gar nicht.' Wenn eine Verzögerung in der Entwicklung oder eine Behinderung wie das Down-Syndrom diagnostiziert wird, werden Eltern mit Informationen über das, was ihr Kind nicht kann, überflutet", erklärt Piggot. "Als nächstes heißt es dann: 'Du gehörst nicht hierher.' Wenn Eltern für ihr Kind einen Platz im Kindergarten oder in der Schule suchen, erhalten sie möglicherweise eine oder beide von diesen Mittteilungen: 'Tut uns leid, aber wir können Ihr Kind nicht bei uns aufnehmen, weil wir seinen Bedürfnissen nicht gerecht werden können. Das Kind wäre besser auf einer Sonderschule aufgehoben, wo man über das erforderliche Fachwissen und die erforderliche Ausstattung verfügt.' Die Inklusion wird als zu schwierig, zu kostspielig und in der Zuständigkeit von anderen angesehen. Meiner Erfahrung nach ist jedoch für die Mehrheit der Kinder mit einer geistigen Behinderung weder das eine noch das andere der Fall."
Dabei ginge es letztendlich nur darum, die Stärken des Kindes zu erkennen und dementsprechend Aufgaben in kleinere Schritte aufzuteilen, verständliche Anweisungen zu geben und etwas mehr Zeit einzuplanen. Diese Fähigkeiten sollten laut Piggot grundsätzlich alle Lehrer*innen aufweisen. Natürlich gebe es Kinder mit Mehrfachbehinderungen und komplexeren Bedürfnissen, die mehr fachliche Beratung und Unterstützung erfordern, aber auch diesen Anforderungen könne man mit ausreichend vorangehender Planung begegnen. Gleiches gelte im Übrigen auch für das Berufsleben. Es erfordert allerdings das Engagement und den Willen auf beiden Seiten, einen passenden Job zu finden, der den Fähigkeiten und Interessen der jeweiligen Person entspricht. Dann können Menschen mit Lernschwierigkeiten auch in den Medien, in der IT, im Kundenservice oder Sportcoaching tätig sein. Auch der Rehabilitations-Sektor selbst habe das Potenzial, viele weitere solcher Möglichkeiten zu bieten.
"Die einstellungsbedingten Barrieren und der professionelle Widerstand gegen Inklusionsbemühungen sind ein weltweites Problem. Es nimmt in verschiedenen Ländern und Kulturen leicht unterschiedliche Formen an", sagt Piggot. Andererseits gebe es aber auch schon viele gute Lösungen, die zeigen, wie es in der Praxis funktionieren kann: "In Südafrika, wo ich geboren bin, konnte ich bereits gute Therapie- und Förderangebote in Bezug auf Frühförderung, pädagogische Unterstützung in der schulischen Inklusion und unterstützte Beschäftigung finden. New Brunswick in Kanada zeichnet sich sehr positiv durch seine inklusive Bildung und Erziehung aus. Österreich und Italien hatten bisher ebenfalls eine fortschrittliche Bildungspolitik verfolgt, obwohl es seit der Finanz- und Wirtschaftskrise einige Rückschläge zu geben scheint. Australien entwickelt Systeme zur unterstützten Entscheidungsfindung, um die Ausübung der Rechtsfähigkeit zu gewährleisten. Dies ist eine Voraussetzung für den Status als Vollbürger."